
Wie kann es dazu kommen, dass ein Interviw, dessen Inhalt letztlich mit den Leitlienien der Bundeswehr übereinstimmt, einen so beliebten Staatsmann, wie Horst Köhler es in seiner ganzen Amtszeit gewesen ist, zu Fall bringen kann.
In unserem Grundgesetz stehen u.a. Attributen, die ein Bundespräsident verkörpern soll, wie "Integrationsfigur", oder "Erster Repräsentant des Staates". Horst Köhler hat diese Attribute verkörpert, wie wenige zuvor in diesem Amt. Wo andere Bundespräsidenten den Weg der schönen Worte mit wenig Inhalt, Diskussionsstoff, oder Erinnerungspotential wählten, hat er oft Probleme beim Namen genannt und diese bewußt angesprochen, um sie ins Bewußtsein der Bevölkerung zu bringen.
Er ist ein Vertreter der Nachkriegsgeneration, bis zu seinem 14. Lebensjahr hat er großteils in Flüchtlingslagern gelebt, bevor er zum Gymnasium gehen durfte und anschließend nach Bundeswehr und Studium Karriere im Finanzministerium machte, die mit dem Posten des geschäftsführenden Direktors des Internationalen Währungsfonds und schließlich in Schloss Bellevue gipfelte.
Horst Köhler wirkt immer als ein Mann, der äußerst akribisch vorbereitet ist, der Wahrheiten aussprechen kann und dafür gefeiert wird, dass er sie fundiert und trotzdem allgemein verständlich darzustellen weiß. Er ist Reserveoffizier der Bundeswehr, ein Mann wie er ist das bestimmt nicht geworden, weil er nicht wußte, was er nach der Schule machen soll, sondern weil er sich über die Institution Bundeswehr Gedanken gemacht und sich mit ihr identifiziert hat. Warum stolpert ausgerechnet er plötzlich über eine Assage zur heutigen Stellung der Bundeswehr?
Als Kandidat der CDU/CSU und FDP hatte er eine erstaunliche Akzeptanz bei allen politischen Lagern in der Bevölkerung. Dies lag bestimmt nicht an der Tatsache, dass seine Frau früher kommunalpolitisch für die SPD aktiv war. Köhler verweigerte Gesetzen die Unterschrift oder wartete mit der Unterzeichnung des EU-Grundlagenvertrages von Lissabon, bis das Bundesverfassungsgericht den Vertrag geprüft hatte. Teilweise blies ihm dafür heftiger Gegenwind aus der Regierung ins Gesicht, die Bevölkerung schätzte ihn aber umso mehr als Menschen, der seine Pflichten als Staatsmann ernst nimmt und nicht nur auf politisch vorgegebenes, sondern auch auf seine Überzeugung hört. Er durfte relativ ungestraft aussprechen, dass es immer Unterschiede zwischen Ost, West, Nord und Süd geben wird - die üblichen wilden Proteste der Oppositionsparteien klammern wir mal aus.
Dieses Jahr wurde es dann plötzlich erstaunlich still um Horst Köhler. Erst der Austausch eines langjährigen Vertrauten und Stabsmitgliedes von ihm sorgte für Aufsehen und Nachfragen, ob das Bundespräsidialamt von Intriegen durchzogen werde. Die obligatorischen Dementies kamen halbherzig, die mediale Begeisterung um seine Person verflachte zusehends und gipfelte heute in seinem Rücktritt.
Warte wir ab, was die nächste Zeit noch an Veröffentlichungen mit sich bringt, dann werden vielleicht mehr Hintergründe bekannt. Derzeit ist es einfach nur ein großes Rätsel, wieso es um Horst Köhler immer stiller wurde und er dann ganz plötzlich zurücktreten musste oder wollte.
Kommentare
Da muss uns wirklich allmählich angst und bange werden. Wo steuern wir hin in unserer Republik?
Köhler konnte sich so nicht mehr als Präsident aller Deutschen fühlen und trat konsequenter weise zurück. Hut ab.
Hoffentlich folgt nun endlich die Diskussion die schon seit Jahren überfällig ist, die Diskussion ob wir deutsche eigentlich eine Armee haben wollen und wofür wir sie benutzen wollen.
Dass unsere Armee alleine unser Land verteidigen kann ist ja sichtbar illusorisch bei der heutigen Waffentechnologie.